Clubmitglied Gianvittorio Celot knackte die magischen 6 Richtigen auf dem Corbin Tacho in 11 Jahren (jugendfreie Übersetzung von Mat)
Mein Abenteuer mit der Chief begann vor 11 Jahren. Ich verliebte mich in einen orange lackierten Bobber und diese Schönheit war mein einziges und täglich benutztes Fortbewegungsmittel für über 6 Jahre (außer einem Fahrrad). Zu Beginn hatte ich große Probleme, am meisten ärgerte mich die Elektrik.
Häufig leere Batterien veranlassten mich zum Austausch der Zündspule und der Lima-Feldspulen. Der Cutout (großer Mist) wurde durch einen 48er Regler ersetzt (sehr zuverlässig wenn gut eingestellt). Diese Arbeit wurde von einem alten Mechaniker erledigt, hat über 80.000 km gehalten - bei 52.000 km musste ich nur die Kohlen und Lager der Lima erneuern – und es funktioniert immer noch tadellos. Das Amperemeter sollte bei Reisegeschwindigkeit und eingeschaltetem Licht zwischen 5 und 10 Amps anzeigen (vergesst Zusatzscheinwerfer, die Euch nur die Batterie leer saugen).
Im März 94 geht´s mit dem wirklich häufigen Fahren los. Ich fuhr an allen Tagen des Jahres, auch im Regen, bei Schnee und Nebel. Die kleine Fee hatte großen Durst nach Öl und und markierte damit überall ihr Revier, außerdem bestanden die Tanks größtenteils aus Rost und leckten Benzin überall. Im Frühling 94 beschloss ich, den Motor zu öffnen und fand eine Menge Überraschungen:
Mit restaurierten Tanks fuhr ich in der 94er Saison 16.000 km. Es war eine große Freude, immer problemlos, ich stoppte nur zwei Mal unfreiwillig wegen leerem Tank und von Wein zu vollem Magen. In dieser Zeit erlebte ich mein Kolben-Golgotha. Ich habe Indian Kolben schon von vielen verschiedenen Herstellern ausprobiert, jedoch mit allen dasselbe Problem gehabt: nach ca. 4.000 – 5.000 km hartem Einsatz brachen die Sicherungsringe der Kolbenbolzen und ruinierten die Zylinderlaufbahn.
Nach dreimaligem Nachbohren entschied ich mich, die Kolben auf der Drehbank nachzuarbeiten und fahre seitdem moderne Wiseco-Sicherungsringe; eine gute Lösung. Wie dem auch sei habe ich den Unterschied zwischen Indians und modernen Bikes als täglichen Fortbewegungsmitteln buchstäblich erfahren: Zum Einen findet die Vorderradbremse (schrecklich, wirklich schrecklich) und zum Zweiten die Lebenserwartung der Kolben. Erst verbringt man ca. 5.000 km mit vorsichtigem Einfahren bei einer Geschwindigkeit von unter 50 mph, dann fährt man um die 5.000 bis 7.000 km perfekt und braucht nur 1 Liter auf 1.500/1.700 km, schließlich erreicht man die nächste Stufe von 4.000 bis 5.000 km, verbraucht Unmengen Öl bei zunehmendem Geräuschpegel und verzeiht nur, weil die Karre jetzt erst richtig schnell ist und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 mph über eine Strecke von 10 km hinweg verträgt (länger habe mich nie getraut). Jedenfalls war ich schon zufrieden mit einem Paar Kolben 20.000 km zu schaffen. Wenn man die von Indian vorgeschriebene Einfahrprozedur nicht einhält, kann man die Kolben alle 5.000 bis 6.000 km wechseln. Wenn der Motor kurz nach einer Überarbeitung zu heiß läuft, verformen sich die Zylinderlaufbuchen und werden nach kurzer Zeit oval (im Ernst). Geschmiedete Kolben habe ich auch schon ausprobiert; der Motor läuft damit viel leiser. Da sie ein geringeres Laufspiel von 6 statt 11 Hundertstel vertragen, verstummt eine Menge des typischen Indian-Geklickers und –geklackers; aber Schmiedekolben sind so teuer…
Beim Neuaufbau des Motors habe ich mein größtes Augenmerk auf die perfekte Wiederherstellung der Parallelität und Ebenheit der Dichtflächen gelegt. Wenn man sich damit Mühe gibt, bleibt der Motor für viele Meilen trocken. Dicht sind auch die Repro-Ventilkappen mit Hochtemperatur Viton O-Ringen (nettes Upgrade); auch verwende ich einen Radialwellendichtring für das Lima-Ritzel, hab’ den Entlüftungsschlauch weit von der O-Ring-Kette bester Qualität weg verlegt. Zahnräder der Ölpumpe ersetze ich schon bei geringsten Verschleißanzeichen (vermeidet das Nasssumpfproblem).
Im Sommer 95 bin ich nach Dänemark und zurück mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 – 65 mph gefahren; ich fuhr den ganzen Herbst durch bis Januar, als ich bei Nebel draußen und mit Wein intus im Graben landete. Dabei brach mir der Lenker aber sonst nichts. Den Lenker habe ich sofort gegen ein sehr gutes Reproteil getauscht. Abgesehen von diesem Unfall lief und läuft meine Chief seitdem noch immer gut.
Im Sommer 96 bei einem Kilometerstand 42.000 brach mir eine Ventilfeder und ich wechselte alle Federn, Führungen, Stößel und Stößelführungen. Das war eine sehr gute Investition, denn der Ventiltrieb ist der Hauptgrund des Indian-Geklappers. Mit den neuen Teilen lief der Motor wie Honig - der Himmel auf Erden. Ich bin dann auch 96 und 97 ohne Probleme weitergefahren. Im `97er Winter lag viel Schnee und ich hatte trotz der Avon Speedmaster MK2, welche nicht wirklich die erste Wahl auf vereisten Straßen ist, keine Probleme. Über den Frühling `98 gibt’s nichts zu berichten aber im Sommer fuhr ich zur International Indian Rally nach Frankreich. Der Heimweg war sagenhaft, abseits der Highways fuhr ich bis auf kurze Pausen für Benzin, Speis und Trank non-stop 1.550 km in 17 Stunden - WOW. Ende `98 hatte ich schon 65.000 km auf dem Tacho und die Kurbelwelle machte Geräusche, also raus damit. Die Überprüfung ergab 3 mm Seitenspiel für das männliche Pleuel. Eine komplette Kurbelwellenüberholung folgte, inklusive Zapfen, Lager, Pleuelbuchsen, wuchten und polieren der Schwungscheiben . Seitdem vibriert der Motor wesentlich weniger als eine normale Shovelhead.
Anfang `99 musste ich meinen Job wechseln, was mich zur Anschaffung eines 4- rädrigen Gefährts zwang (welch’ Schande). Seitdem konnte ich das Motorrad nur noch 2 mal pro Woche bewegen (aber stets auch im Winter). Im neuen Jahrtausend konnte ich mich mit meiner Geliebten nur noch ca. 5.000 bis 6.000 km jährlich vergnügen, aber immer auch auf langen Strecken. Nun habe ich schon 103.000 km zurück gelegt und musste den Motor die letzten 4 Jahre nicht mehr öffnen. Ich halte mich immer noch strikt an die Werksvorgaben: regelmäßige Ölwechsel, Vergaserreinigung, Ventileinstellung etc. Der Motor ist zwar wieder ziemlich laut geworden aber die Maschine fliegt wie eine Rakete. Ich habe diese Standfestigkeit mit einfachen Lösungen erzielt. Kein synthetisches Öl (benutzt SAE 50 im Sommer, SAE 30 im Winter und SAE 80/90 im Getriebe und Primär das ganze Jahr). Komisch aber wahr, mit synthetischem Öl bekommt man häufig Nasssumpfprobleme selbst mit frisch gemachtem Motoren (habe nie verstanden warum). Wechselt das Öl alle 3.000 km und reinigt den Öl-Tank, verwendet eine magnetische Ablassschraube, um metallischen Abrieb abzufangen. Lasst den Motor immer erst langsam warm laufen, bevor ihr losfahrt. Überholt die Drosselklappenwelle und deren Buchse, selbst wenn Ihr nur das geringste Spiel bemerkt (ein niedriger Leerlauf ist erforderlich für sanfte Schaltvorgänge, mit ein bisschen Übung wird das übliche „Klonk“ beim Einlegen der Gänge passé sein). Benutzt wenigstens ein 25er Ritzel (das ist selbst für mich in den Bergen OK, schmeißt das 23er weg).
Ein Kondom über der Verteilerkappe ist OK, etwas Silikonspray im Verteiler hilft auch. Wenn Ihr mit dem Bike im Regen gefahren seid, wird in der Regel etwas Wasser in die Schwimmerkammer eingedrungen sein; Ablassschraube raus schrauben und weg mit dem Benzin/Wasser-Gemisch! Ansonsten habt ihr einige Tage und km Startprobleme. Außerdem empfehle ich den Kondensator alle 20.000 km zu wechseln.
Ich würde mich gerne bei allen Leuten bedanken, die mir über all die Jahre geholfen haben, meine Indian am Leben zu halten: Jürgen Mattern, Richard Schönfeld, Tony Leenes, Jerry Greer, Chuck Myles, Bob Stark, Kiwi, Moen und Paolo Marzinotto. Danke Euch allen und genießt weiterhin lange Fahrten mit Euren Indians.
P.S.: Nach vielen Jahren, die ich nach Umbau auf Dickbleche gefahren bin, würde ich mein Motorrad gerne wieder als Bobber zurück rüsten. Wer ein hinteres Chief- Militär-Schutzblech zu verkaufen hat, melde sich bitte, Danke!